Klaviermusik aus der Kirche Maisprach.
Es spielt unsere Organistin Doris Haspra, Ormalingen
Gebet für heute
Treuer, beständiger, gegenwärtiger Gott
Es fällt mir nicht einfach, dieses Innehalten auszuhalten.
Ich bin es mir nicht gewohnt zu warten, auszuharren.
Am liebsten würde ich raus, wegrennen, türmen, mich verdrücken, abhauen; die Decke fällt mir auf den Kopf.
Wo ist deine Hilfe? Wie greifst du ein?
Wann schaffst du einen Ausweg?
Barmherziger Gott
Haben wir nicht schon früher dein Eingreifen erlebt?
Ich war elend, du hast mich aufgerichtet.
Ich war einsam, du warst an meiner Seite.
Dein Zuhören, deine Begleitung hat mich ermutigt, schlussendlich gerettet.
Warum kommst du nicht auch in diesen verrückten Tagen zu Hilfe?
Gott, vergiss uns nicht, während wir warten.
Bitte sorge für mich, sorge für uns.
Lass uns wieder atmen können. Schaffe einen Ausweg.
Ich halte Ausschau nach deiner Hilfe!
Ich vertraue auf dich, auch heute, ganz besonders in diesen infizierten Tagen.
Du lässt uns nicht im Stich. Dafür danken wir dir.
Amen
(Daniel Hanselmann)
NEIN möchte ich sagen, mit dir, mein Gott,
zu allem, was lähmt,
zu allem, was krank und depressiv macht.
Gib mir Kraft, mein Gott,
dass ich NEIN sage zu allem,
was blind macht,
zu allem, was die Sprache verschlägt.
NEIN möchte ich sagen mit dir, mein Gott,
zu allem, was zerstört,
zu allem, was nach
Verdrängung und Abtötung ruft,
zu allem, was Angst macht.
Gib mir Kraft, mein Gott,
dass ich NEIN sage zu allem,
was trennt, was krumm macht,
zu allem, was schwächt.
NEIN möchte ich sagen mit dir, mein Gott,
zu allem, was blendet,
zu allem, was knechtet und unterdrückt.
Gib mir Kraft, mein Gott,
dass ich NEIN sage zu allem,
was tödlich ist,
zu allem, was verwundet.
Übersetze, mein Gott, dein NEIN
in die Sprache meiner Tat
und lass durch dieses NEIN
dein JA hörbar werden,
dein erfülltes Leben für mich
und für alle Menschen,
Gott.
Anton Rotzetter
Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war das Zuhören.
Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum.
Wirklich zuhören können nur recht wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig. Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte – nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme.
Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm plötzlich Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.
Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.
Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf denen es überhaupt nicht ankommt, und er ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf – und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.
So konnte Momo zuhören!
Aus: «Momo», Michael Ende, 1973
Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen.
Zuletzt wurde ich ganz still.
Ich wurde,
was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist,
ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, daß Beten nicht bloß Schweigen ist,
sondern hören.
So ist es:
Beten heißt nicht sich selbst reden hören.
Beten heißt:
Still werden und warten,
bis der Betende Gott hört.
Sören Kierkegaard
(* 05.05.1813, † 11.11.1855)